Gedanken zum Thema „Erfolg“
Wenn man den Begriff ‚googelt‘, findet man ungezählte Erklärungsansätze – für jeden ist etwas dabei. Erfolg, so scheint es, ist immer gut und wir wollen ihn doch schließlich alle!
Genau genommen ist „Erfolg“ aber zunächst ein wertneutraler Begriff: Erfolg entsteht, wenn etwas erfolgt (bzw. erfolgt ist). Der Erfolg als Ergebnis egal welcher Aktivität muss nicht zwingend positiv oder wünschenswert sein – das vergessen wir gern auch mal.
Spannend wird es, wenn ich mich und meine eigenen Maßstäbe anschaue. Wie definiere ich Erfolg für mich? Muss ich mich dafür anstrengen oder darf ich ihn einfach haben? Ist es mein Erfolg, wenn mir etwas ohne Anstrengung gelingt weil ich es gut kann oder gern mache oder ist das dann Zufall, weil es mir ja zufällt? Gelten für andere dieselben Maßstäbe wie für mich? Bin ich da großzügiger oder kleinlicher? Wie gehe ich überhaupt mit dem Erfolg um, wenn andere ihn haben und ich nicht, obwohl ich ihn gern hätte?
Egal nun, von welcher Seite ich mich der Sache annähere, ohne Vergleiche irgendwelcher Art scheint das mit dem Erfolg nicht zu funktionieren. Unsere Sichtweise ist eben nicht wertneutral, sondern in aller Regel wertend. Damit wird Erfolg zu einer Frage der Maßstäbe, des persönlichen oder allgemeinen Wertsystems und ist leider oft auch eine Sache der Willkür. Es ist eben nicht nur einfach etwas erfolgt, sondern es ist erfolgt und wurde / wird bewertet.
Welchem Maßstab glaube ich, wenn es um die Bewertung meiner Leistung geht? Wer bestimmt über meinen Erfolg? Das sind ganz allgemein brisante Fragen, denn sie sind ja durchaus gesellschaftlich relevant und vielfach außerhalb der persönlichen Entscheidungsreichweite. In dem Zusammenhang ist es sinnvoll, das eigene Bewertungssystem zu erforschen und die eigenen Maßstäbe genau anzuschauen. Nach meiner Erfahrung treffen wir dort auf den einen oder anderen „falschen Freund“, denn unsere Maßstäbe haben wir gelernt. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass wir häufig nach fremden Regeln spielen.
Wo zwingen wir uns zu etwas, was wir im Grunde gar nicht wollen, nur um „Erfolg“ zu haben? Was ist der Erfolg wert, wenn es mir damit schlechter geht als ohne (weil ich zum Beispiel meine Gesundheit ruiniert habe oder meine Familie)? Ist der Erfolg es mir wirklich wert, dass ich mich (oder andere) dafür quäle? Ist es dann überhaupt ein Erfolg für mich?
Wenn ich es schaffe, die Bewertung an und für sich zur Wertschätzung werden zu lassen, ist mir ein wichtiger Schritt gelungen. Ich kann meine Bemühungen auch ohne ein bestimmtes Ergebnis wertschätzen. Oder ich kann mich wertschätzen, ohne dass ich mich angestrengt habe. Oder ich bringe mir selbst genug Wertschätzung entgegen, um mir so manches von vornherein zu ersparen. Vielleicht gelange ich auch zu der Einsicht, dass mein persönlicher Wert gar nicht durch Erfolge irgendeiner Art begründet ist. Das wäre in meinen Augen wirklich ein Erfolg!
© ao